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Rückenschmerzen kennen auch die Kleinen

Braunes Pony mit langer Mähne steht auf der Weide, das Pony ist ein Islandpferd.
Sarah Freytag Pferdetherapie - Auch Ponys können Rückenschmerzen haben

Sie lassen Kinderherzen höher schlagen, tragen ihre kleinen Reiter durch die Welt und sind Freunde, die unsere Kinder durch dick und dünn begleiten - Ponys!

Wuschelig, mit viel oder wenig Mähne, bunt oder einfarbig, kompakt oder ganz zart, frech und mutig oder auch lieb und schüchtern, die Ponywelt ist vielfältig.

Ich selber durfte in jungen Jahren auf verschiedenen Ponys die Pferdewelt kennenlernen. Reitstunden für Dressur und Springen, erste wilde Galopps über die große Wiese hinter der Halle, Weihnachtsreiten, Abzeichen Lehrgänge, Showabende in der Bremer Stadthalle, erste Turniere, Ausritte und das gemütliche Beisammensein mit den anderen Reitern - all das gehörte für mich zum Ponyreiten dazu.

Aus Pony-Perspektive sind das jedoch sehr vielseitige Einsatzgebiete in denen Leistung verlangt wird! 

Unerschrockenheit und Gelassenheit bei Jubel, Trubel und Heiterkeit, hübsch anzusehen und präzise in der Lenkung in der Dressur, wendig und mit Vermögen im Springparcours, im Abteilungsreiten bitte gesittet hinter dem Vordermann aber natürlich immer der erste beim wilden Wettreiten, eine sichere Bank, wenn es ins Gelände geht, der Erfolgsgarant für Turniere und Lehrgänge... Achtsam mit den ganz kleinen Kindern und mit genug Go für später - ein Allrounder für alle Lebenslagen.

Es gibt sehr viele Ponys da draußen, die dieses Anforderungsprofil erfüllen und einen Wahnsinns Job machen.

Doch gibt es auch Schattenseiten im Ponyleben?

Ich denke schon und derer sind sich so viele Besitzer, zumeist die Eltern der Kinder, gar nicht bewusst.

 

Die Trense gab es nicht ganz passend, weil die Größe des Ponys irgendwo zwischen zwei Größen liegt. Das glitzernde Stirnband drückt auf dem kleinen Welsh-Ponyköpfchen, weil sonst der Nasenriemen schlackert. Der Sattel (aus Anno Dazumal) war beim Pony schon dabei, der hat noch nie Probleme gemacht. Der hatte noch nie Zahnprobleme (wurde aber auch seit 15 Jahren noch nie! kontrolliert). Das Kind wird langsam größer haha, es kann bald mitlaufen ...aber somit auch schwerer! für den zarten Rücken. Der neue Sattel ist eigentlich ein bisschen zu lang, aber mit den langen Beinen passt kein anderer mehr. 

 

Wenn das Pony sich wehrt und die unpassenden Besitzer hat, wird oft mit Kraft versucht, es wieder in die richtigen Bahnen zu lenken, möglicherweise setzt sich dann für den "Korrekturberitt" noch ein kleiner erwachsener Mensch drauf, der sich durchsetzen kann und vielleicht  verkauft man das störrische Pony am Ende irgendwann an schon "stärkere Reiter" oder als Rasenmäher.

Wenn das Pony sich wehrt und die passenden Besitzer hat, kommt man als Therapeutin auf den Plan (oder als Sattelanpasser/in, Tierärzt/in, Pferdedentist/in, usw.).

 

Gerade gestern habe ich mich mit einer Kollegin, auch Tierärztin und Pferdeosteopathin unterhalten über unsere Patienten der letzten Tage.

Wir beide hatten kleine Ponys behandelt und leider ganz ähnliche Dinge beobachtet.

Durch den zu langen Sattel und das schon recht große Kind mit langen Beinen kommt es zu einer Verschiebung des Schwerpunktes nach hinten. Unter den stetig stark drückenden Sattelkissen verschwindet mit der Zeit die Muskulatur, da der hohe Druck die Muskelzellen kaputt gehen lässt. Erst sind die Kuhlen nur spürbar, wenn man mit der Hand über die Rückenmuskeln gleitet, später werden sie auch sichtbar sein, wenn die Druckbelastung nicht zurück geht.

Ist der Sattel zu lang, kommt er auf den ersten Lendenwirbeln zu liegen. Diesen Lendenwirbeln fehlen die stützenden Rippen, sie sind deshalb absolut nicht für tragende Arbeit gemacht. Zu lange Sättel kombiniert mit zu hoher punktueller Druckbelastungen in der hinteren Sattellage führen zu einer brettharten Lendenmuskulatur. Oft kommt es weitergehend zu Verspannungen im Bereich der Kruppe. Die Hinterhand arbeitet nicht mehr wie sie soll, die Vorhand muss kompensieren (=ausgleichen). Auch hier verspannen sich Muskeln, die durch die Mehrarbeit überfordert sind. Der Teufelskreis ist in vollem Gange. Das Pony hat Schmerzen! Meist nicht nur im Rücken! Und bei Schmerzen steht es dem Pferd frei sich irgendwann zu wehren, damit es gehört wird von seinem Menschen.

 

Zurück zu unseren Patienten, die sich etwas voneinander unterschieden haben.

 

Das eine Pony, schon älter, lange Jahre im Schulbetrieb gegangen, war so steif und schmerzhaft, dass es nur noch langsam im Schritt gehen mochte. Um es in den Trab zu bekommen, mussten "schwere Geschütze" aufgefahren werden. "Den muss man so antreiben, sonst läuft der einfach nicht."

Neben den typischen Kuhlen und der harten Rückenmuskulatur taten dem Wallach auch die Beine an verschiedenen Stellen weh. 

Mit einem therapeutischen Termin ist der Schaden bei solchen Fällen in der Regel nicht behoben. Die schon lange bestehende Kompensationshaltung muss durch mehrfache Behandlungen und eine begleitende Bewegungstherapie (ich mag es an dieser Stelle gar nicht Training nennen) über eine längere Zeit aufgelöst werden. Wenn es nicht schon zu bleibenden Schäden durch Überbelastung (wie z.B. Fesselträgerschaden, Sehnenschaden o.ä.) gekommen ist. Gerade Besitzer, die im Training noch nicht viel Erfahrung haben, brauchen für diesen Vorgang in Zusammenarbeit mit ihrem Therapeuten und Trainer oft Monate, bevor sie ihr Pferd so auftrainiert haben, dass überhaupt wieder an Reiten gedacht werden kann.

Das zweite Pony hatte sich noch gar nicht völlig verweigert, es wurde ganz normal geritten, die Besitzer hatten bereits Ausgleichstage mit Longentraining ohne Reitergewicht in den Trainingsplan eingebaut. Ihnen ist bei genauerem Hinsehen dann aufgefallen, dass die Stute etwas besser links herum als rechts herum lief. In Fällen wie diesen greifen Behandlung und Training sehr gut ineinander. Viele Verspannungen lassen sich lösen - ein besser laufendes Pony macht den Kindern das Reiten leichter. Sie kommen nicht nur besser zum Sitzen, ein Pony mit lockerer Muskulatur wird auch gerne mitarbeiten und sich nicht jederzeit versuchen zu widersetzen.

 

Der Unterschied unserer Fälle lag allein im Zeitpunkt an dem die jeweiligen Besitzer die Entscheidung fassten, dass etwas nicht stimmt. Als Therapeutin freue ich mich über alle Besitzer, die sich informieren und ihren Blick schulen. Nur so lassen sich Unstimmigkeiten früh genug erkennen.

 

Zum Abschluss bleibt jedoch, dass sich leider an den oben genannten Punkten, die mit den wachsenden Kindern einhergehen nichts ändern lässt. Früh genug erkannt, lässt sich auf ein nächstgrößeres Modell umsteigen, bevor das kleine Pony Schaden nimmt. Auch wenn der Abschied vom Kinderfreund oft schwer fällt.